Wie macht das Österreichs beste Schule?
Was die Zukunftskommission erarbeitet hat, ist an der Sir Karl Popper Schule längst Standard. Kurse statt Klassen. Teamwork statt Unterricht. Und hoch motivierte Lehrer. Elisabeth plaudert aus der Schule.
Conny Bischofberger
Elisabeth, was verbindest du mit dem Wort "Schule"?
Hm... In erster Linie Freude am Lernen. Spannende Projekte. Teamwork mit Lehrern. Aber vor Schularbeiten natürlich auch Stress. Wir sind ja nicht zum Spaß hier.
Die "Sir Carl Popper Schule" [!] in Wien ist eine europaweit anerkannte Schule für Hochbegabte. Bist du ein Genie?
Das würd ich von mir niemals behaupten! Hochbegabt muss ich wohl sein, sonst wäre ich nicht hier. Aber das Bestehen von Intelligenztests genügt nicht, um an die "Sir Karl Popper Schule" zu kommen. Du musst auch hoch motiviert und gewillt sein, lebenslang zu lernen.
Die Zukunftskommission hat diese Woche ihre Vorschläge zu einer umfassenden Schulreform in diesem Land präsentiert. Was denkst du dir als Schülerin dazu?"
Dass es gelingen müsste, diese Punkte an allen Schulen umzusetzen. Was an unserer Schule funktioniert, müsste auch anderswo gehen. Allerdings habe ich mich gewundert, warum in dieser Kommission jene, die es am meisten betrifft, nämlich die Kinder und Jugendlichen, nicht vertreten sind.
Warum wäre das deiner Meinung nach klüger?
Ganz einfach. Werden die Schüler mit einbezogen, dann kommen am Ende Vereinbarungen heraus. Wenn nicht, dann sind es Verordnungen von oben. Das haben wir in Koso gelernt.
Was ist Koso?
Kommunikation und soziale Kompetenz. Koso ist an unserer Schule ein Pflichtfach. Ich werde es sogar als Maturafach wählen.
Was lernt man da?
Den Umgang mit anderen. Konflikte lösen. Feedback geben. Genauer hinhören. Menschen besser verstehen und dadurch letzlich Toleranz.
Kurse statt Klassen, kein Sitzenbleiben, Beurteilung der Lehrer: Wie funktioniert das an der "Sir Karl Popper Schule"?
Hier dürfen Schüler für sich entscheiden, was ihnen wichtig ist. Ich kann Mathematik zum Beispiel als Grundkurs belegen oder "vertiefend". Jeder Lehrer wird von uns bewertet. Wir machen sehr viele Projekte. Das ist so spannend, dass wir uns darum reißen, dabei zu sein.
Zum Beispiel?
Ein EU–weites "Wasser"–Projekt, das in Bratislava vorgestellt wurde. Wir haben einen Actionfilm gedreht. Gemeinsam mit dem Schriftsteller Josef Haslinger haben wir einen Literaturwettbewerb veranstaltet. Fächerübergreifend haben wir die Tsunami–Katastrophe behandelt. In Religion war natürlich der Tod des Papstes ein großes Thema.
Notenangst oder Leistungsdruck kennst du nicht?
Wir haben auch Noten. Aber dazwischen werden wir schriftlich bewertet. Da Lernen uns Freude macht, ist es kein Druck. Das heißt nicht, dass wir nie im Stress sind. Aber wir können unsere Lehrer dann bitten, Termine zu verschieben.
Wie muss ein idealer Lehrer für dich sein?
So wie unsere Lehrer: offen, lernbereit, kritikfähig. Ein Teamplayer! Natürlich weiß er mehr, aber manchmal ist auch der Schüler klüger. Für einen guten Lehrer ist das kein Problem. Alles, was denkbar ist, lässt er auch zu.
Zum Beispiel?
Wir haben einmal eine Stunde lang diskutiert, ob zwei Geraden sich irgendwann in der Ewigkeit nicht vielleicht doch einmal überschneiden. Wir reden auch über Autorität.
Hat der autoritäre Unterricht ausgedient?
Auf jeden Fall. Dass einer an der Tafel steht und alle machen, was er sagt, das kann in einer Zeit, in der wir mit so vielen Informationen konfrontiert sind, einfach nicht mehr funktionieren. Heute müssen Kinder selbständig denken und Entscheidungen treffen lernen, um in dieser Welt mithalten zu können. Auf den Lehrer oder den Chef zu hören, reicht ja nicht mehr. Denn rein theoretisch muss der Lehrer oder der Chef ja nicht Recht haben.
Halten eure Lehrer das aus: Nicht Recht zu haben?
Ja. Das ist doch auch viel spannender!
Was würdest du durchsetzen, wenn du einen Tag lang Bildungsministerin wärst?
Da fällt mir vieles ein. Vor allem würde ich die Kommunikation zwischen Schüler und Lehrer zur Regel erheben. Absolute Gleichberechtigung.
Das erfordert eine pädagogische Haltung, die viele Lehrer nicht haben.
Deshalb sollten sich Schulen ihre Lehrer auch selbst aussuchen können.
Könntest du dir vorstellen, in eine ganz normale Schule zu gehen?
Ja, aber ich fürchte, ich würde versuchen, dort alles umzukrempeln. Ich bin sehr dankbar, dass ich in diese Schule gehen darf, vor allem meinem früheren Klassenvorstand. Er war nicht beleidigt, als ich in die "Karl Popper Schule" wechseln wollte, sondern hat mir auch noch gut zugeredet.
Was lernst du hier fürs Leben?
Was und diese Schule mitgibt, ist der Gedanke: "Alles ist möglich". Hier werden Schüler geschätzt, das vermittelt so ein positives Lebensgefühl. Es macht sie auf eine Art selbstbewusst, dass sie mit einem ganz sicheren Gefühl ins Leben hinausgehen.
Steckbrief
Geboren: 15. 11. 1987
Eltern: Vater Arzt, Mutter Arzthelferin
Geschwister: Lukas (15), Anna (12)
Das möchte ich werden: Anwältin oder Ärztin
So bin ich: Ehrgeizig, flexibel, tolerant
Traumurlaub: Südsee
Lieblingslektüre: Geo Wissenschaft
Lieblingsmusik: Franz Ferdinand
Lieblingsschauspieler: Ethan Hawke
Lieblingsmaler: Magritte
Lieblingsfarbe: Blau
Lieblingsbaum: Trauerweide
Lieblingssendung im Fernsehen: O. C. California
Lieblinsmärchen als Kind: Schneewittchen
Welche drei Dinge würde sie auf die Insel mitnehmen? Handy, Instantfood, Handwerkszeug
Auf welche Frage wüsste sie gerne eine Antwort? Auf diese...
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