Auch Nachwuchs–Genies bekommen Fünfer
Die Schüler und Lehrer der Sir–Karl–Popper–Schule haben ihr erstes Semester hinter sich gebracht "Man merkt schon, daß wir Versuchskaninchen sind", beschreibt Schüler Raphael die Anlaufschwierigkeiten, mit denen die neu gegründete Sir–Karl–Popper–Schule zu tun hatte. "Es hat nicht alles so geklappt, wie wir Lehrer uns das in der ersten Euphorie vorgestellt haben", bestätigt auch Günter Schmid, der Direktor. Erstes Fazit nach einem Semester: Die Lehrer der ersten Schule Österreichs für besonders begabte Kinder – untergebracht im Wiedner Gymnasium in Wien – haben zu hohe Erwartungen in die kleinen Genies gesteckt. So wurden auch im ersten Halbjahreszeugnis insgesamt fünf Fünfer verteilt. "Wir sind doch keine Genies", bestreiten die meisten der 29 Schüler aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland. Dennoch: Sie haben im vergangenen Herbst aufwendige Aufnahmeprüfungen über sich ergehen lassen müssen. Wer es geschafft hatte, durfte sich über beste Betreuung (auch die Lehrer wurden ausgewählt) und hervorragende Infrastruktur (in allen drei Klassenzimmern stehen mehrere Computer, angeschlossen ans Internet, zur Verfügung) freuen. Doch die Ernüchterung kam schnell: "Die Lehrer haben uns am Anfang mit Aufgaben, die wir selbständig lösen sollten, überfordert", so die Kinder. Das Klischee von kleinen "Genies", die den ganzen Tag vor dem Computer sitzen, dicke Wälzer durcharbeiten oder im Labor sensationelle Entdeckungen machen, wollen und können sie nicht erfüllen. Und die Lehrer mußten zurückstecken: "Wir haben uns mehr Reife erwartet; doch es sind Kinder, die nach wie vor beaufsichtigt und angeleitet werden müssen." Dennoch sind Schüler und Lehrer zufrieden, hochmotiviert und leistungsbereit. Die Schüler schwärmen vor allem über den guten Klassenzusammenhalt. Und endlich sei ihnen nicht mehr so fad, wie in den vorherigen Schulen, wo sich die meisten von ihnen "unterfordert" gefühlt hatten. Christoph Mierau