Gut ausgerüstet für die ungewisse Zukunft
Anspruchsvoll, selbstbewusst und fordernd – so stellen sich Personalchefs die Generation Y vor, die es mit tollen Angeboten zu ködern gilt. Aber wie tickt der Nachwuchs wirklich? Das WirtschaftsBlatt hat Schüler der siebten und achten Klasse der Sir Karl Popper-Schule befragt. Und festgestellt: Die Eliteschüler Österreichs sehen die Arbeitswelt und ihre eigene Position darin viel differenzierter und realistischer, als es ihnen ihre zukünftigen Arbeitgeber zutrauen.
WirtschaftsBlatt: Hochqualifiziert, extrem selbstbewusst, sehr anspruchsvoll – so wird eure Generation gern und oft umschreiben. Sieht ihr euch genauso?
Katharina Sekanina: Das wir genau wissen, was wir wollen – dem wurde ich auf keinen Fall zustimmen.
Sophie Zechmeister: Ich habe bestimmte Zukunftsbilder. Aber ich weiß noch nicht, wie ich das mit meinem Beruf vereinbaren kann.
Georg Thalmann: Genau diese Frage stelle ich mir auch: Was werde ich machen? Ich versuche es einzuschränken, aber das ist schon sehr schwierig. Es ist sehr viel, was einem offen steht.
Sebastian Arnold: Wir haben vielleicht sogar zu viele Chancen. Man kennt sich überhaupt nicht mehr aus in dem Salat von Sachen, die man machen könnte. Ich versuche es einzuschränken. Das ist aber sehr schwierig.
Zechmeister: Es ist trotzdem so, dass, wenn wir einmal anfangen, müssen wir wissen, was wir wollen. Sonst haben wir keine Chance mehr, weil es einfach zu viele Leute für zu wenige Arbeitsplätze gibt.
Macht ihr euch Sorgen, ob und wie ihr am Arbeitsmarkt bestehen könnt?
Zechmeister: Für mich spielt der Arbeitsmarkt momentan noch keine Rolle. In der Vergangenheit hieß es: Nicht Lehrer werden, wir haben zu viele Lehrer. Plötzlich war ein riesiger Lehrermangel. Ich glaube, man darf sich nicht zu sehr an anderen orientieren. Gerade jetzt haben wir die Chance, absolut selbstbezogen zu sein. Zu sagen: Ich will das machen und das mache ich dann auch. Kompromisse muss ich später schließen.
Rein demografisch gesehen ist genug Platz für euch am Arbeitsmarkt. Es kommen ja zu wenig junge Menschen nach.
Zechmeister: Ich sehe das ganz anders. Es ist einfach so, dass massenhaft Leute nachkommen, dass die Akademikerrate seigt, dass die Qualität der Leute rasant höher wird. Wir haben jetzt vielleicht das Gefühl, dass wir einen kleinen Vorteil haben, weil wir aus der Popper-Schule sind. Aber das ist nicht so. Wir haben uns durchzusetzen gegen Leute, die genauso qualifiziert sind wie wir. Die vielleicht bessere Beziehungen haben als wir. Gerade Beziehungen werden ein Riesenthema sein. Es wird schwieriger sein, in einen Job reinzukommen.
Annette Leudolt: Es reicht nicht mehr, nur lauter Einser zu haben. Es wird viel mehr verlangt. Man braucht viele Qualifikationen.
Tobi Klaghofer: In Österreich sind wir mit dem Arbeitsmarkt eh noch gut bedient, was Arbeitslosenquote und Beschäftigungsbedingungen betrifft.
Zechmeister: Das stimmt schon. Aber viele von uns wollen ins Ausland, wo die Situation nicht so optimal ist wie in Österreich.
Viele Unternehmen glauben, dass sie euch später einmal ständig mit neuen, spannenden Projekten bei Laune halten müssen. Habt ihr das auch schon gehört?
Sebastian Hager: Ja. Von meinen Eltern zum Beispiel. Mein Vater regt sich immer auf, wenn ich vorm Fenster sitze und meinen Laptop dabei habe. Weil ich kann ja nicht zwei Sachen auf einmal machen. Man kann auf jeden Fall den Eindruck haben, dass die Generationen sehr Multitasking-fähig ist.
Arnold: Wir sind sicher diejenigen, die sich Aufgaben und Herausforderungen suchen.
Klaghofer: Ich gehe jetzt schon arbeiten. Mir ist es lieber, überfordert als unterfordert zu sein.
Schaut ihr, was am Arbeitsmarkt gefragt ist oder sagt ihr eher: Ich will das studieren was mir Spaß macht?
Viktoria Stifter: Das ist ein Zweispalt. Kriege ich einen Job, wenn ich etwas studiere, das mir Spaß macht?
Thalmann: Der Trick ist, das zu machen, was einen interessiert und dann noch jemanden zu finden, der einen dafür bezahlt.
Wo seht ihr eher eure berufliche Zukunft? Im Ausland oder in Österreich?
Laura Mattes: Es kommt darauf an, was für Möglichkeiten sich bieten und dann entscheide ich, wohin ich möchte. Was ich in Österreich schätze, ist die Lebensqualität. Das ist woanders nicht gegeben.
Klaghofer: Ich habe nicht den Drang unbedingt ins Ausland zu gehen. Ein, zwei Semester Auslandsstudium schon. Aber in Sinne von dort wohnen interessiert mich das nicht.
Arnold: Für das Studium will ich auf jeden Fall ins Ausland. Aber wenn es um dem Job geht, ist es mir eigentlich egal. Wenn sich eine Gelegenheit im Ausland ergibt, die gut ist, dann nehme ich die. Die Gleiche Gelegenheit in Österreich – auch gut. Natürlich hängt das von Faktoren wie Familie ab.
Thalmann: Für mich ist entscheidend, dass es in Amerika Gebiete gibt, die weitaus besser gelehrt werden als hier in Österreich. Und dass es dort Gebiete gibt, die es hier an Universitäten noch gar nicht zu studieren gibt. Und natürlich macht der Ort, wo man studiert, sehr viel aus im weiteren Berufsleben. Eine Universität mit hohem Prestige bietet in der Folge mehr Gelegenheiten als eine kleine Universität irgendwo.
Ein Stück weit hört man raus, dass euch die Jobwelt ein bisschen Kopfzerbrechen bereitet. Diese Denken: „Uns steht die Welt offen – wir haben alle Möglichkeiten“ habt ihr nicht?
Isabella Deutsch: Weil wir offen damit konfrontiert werden. Die Frage, was machst du später hat mich im letzten Moment zehnmal ereilt. Wenn man immer darauf angesprochen wird, macht man sich so seine Gedanken.
Thalmann: Es spricht nichts dagegen, sich ein Jahr Zeit zu lassen, Qualifikationen aufzubauen. Oder sich einfach Zeit zu nehmen, sich selbst zu finden.
Loidolt: Ich bin auch am Überlegen, mir ein Jahr Freizeit zu nehmen, die Welt auszuschauen, zu reisen. Ich habe aber die Angst: Wie erkläre ich das später meinem Arbeitgeber? Und ob ich da nicht ein Jahr verliere.
Zechmeister: Jüngere Menschen haben in vielen Beriechen eine höhere Chance beim Jobeinstieg. Aber wir machen Bachelor, Master vielleicht noch ein Doktorstudium hinten daran und plötzlich sind wir 29 und der Arbeitgeber sucht lieber jüngere Leute unter 25 Jahren.
Mattes: Ich glaube nicht, dass die Arbeitgeber besonders junge Leute haben wollen, sondern erfahren. Leute, die etwas können, die selbstbewusst sind. Die werden sicher nicht jemanden mit 23 einstellen. Da hat man noch andere Ansichten als mit 27.
Erwartet ihr vom späteren Arbeitgeber besonders angesprochen zu werden? Oder sagt ihr: Hauptsächlich ein Jobangebot?
Thalman:Man muss Kompromisse eingehen. Aber man arbeitet sicher am effizientesten, wenn die Werte passen.
Wie glaubt ihr, werdet ihr mal arbeiten? Stellt ihr Forderungen, was die Rahmenbedingungen betrifft?
Yasemin Canaby: Die Konkurrenz ist so groß, dass man sicher nicht so viele Forderungen stellen kann.
Arnold: Ich denke, überhaupt am Anfang, wenn man ins Jobleben einsteigt, geht es eher mehr ums Arschkriechen. Da kann man nicht Ansprüche stellen, als wäre man der Boss.
Wovon träumt ihr? Schnelle Karriere, viel Geld, Ruhm …
Mattes: Ich will einen Job, wo ich aufgehen kann, der mich interessiert, wo ich meine Fähigkeiten einsetzen kann und wo ich mich wohl fühle. Wie viel ich arbeite, habe ich mir noch nicht vorgestellt. Ich nehme mal an, dass ich am Anfang sehr viel Zeit investieren werde.
Klaghofer: Mir ist wichtig, dass ich auch mal ein Jahr lang nur 80 Prozent arbeiten und mich in dieser Zeit auf etwas anders konzentrieren kann, was mich gerade freut. Aber auch, dass ich 120 Prozent geben kann und Karrieremöglichkeiten habe. Es soll beides da sein.
Zechmeister: Gerade in den ersten Jahren bin ich bereit, viel zu leisten. Ich möchte aber auch, dass man das sieht und nicht, dass ich jeden Tag 120 Prozent gebe und nichts dafür kriege.
Arnold: Das sehe ich auch so, dass ich am Anfang viel Zeit und Energie investiere, um dann schnell hochzukommen und viel Geld zu machen. Das ist das, was ich will. Dafür wurde ich am Anfang was investieren. Wenn man ganz oben ist, kann man es sich eh ein bisschen gemütlicher einrichten.
Tahlmann: Mir ist das soziale Prestige relativ wichtig. Das lässt sich mit meinem Ziel Molekularmedizin auch gut vereinbaren. Natürlich ist mir sehr recht, wenn der Arbeitgeber sieht, dass ich mehr mache. Aber auch, wenn er nicht sieht, dass ich weniger mache. Aber im Endeffekt, wenn es mein Interessensgebiet ist, bin ich bereit, dauerhaft mehr zu geben.
Wie seht ihr das Dauerbrennerthema Bildung?
Tahlman: Bezüglich Bildung versuchen wir in Österreich mit weiteren Trippelschritten in die bessere Richtung zu gehen. Wir dürfen uns aber nicht nur an der Pisastudie orientieren, ob wir gut oder schlecht sind. Das ist wirklich nicht alles.
Mattes: Wie gut der Unterricht ist, ist stark vom Lehrer abhängig. Langweilig erklärt, nicht gut organisiert, Unterforderung: Es liegt am Lehrer, wie gut die Schüler sind. Es gibt genug Lehrer, die das nicht interessiert und andere, die für ihr Engagement nicht belohnt werden. Es gab an meiner alten Schule Lehrer, die Lehrer wahren, will sie nichts anderes gefunden haben.
Stichwort Integration – was habt ihr da für Ideen?
Mattes: Ich finde es wichtig, dass es allen möglich ist, eine gleiche Bildung zu haben – unabhängig von Einkommen usw.
Canbay: Wenn du in der Volksschule nicht richtig Deutsch lernst, hast du Probleme, weil du dann viele Chancen nicht ergreifen kannst.
Stifter: Es soll aber nicht darum gehen „wie können wir die Migranten fördern“, sondern man soll Bildung für alle zugänglich machen. Egal woher sie kommen.
Klaghofer: Da musst du aber genauso bei den Eltern ansetzen. Ich kann nicht verlangen, dass das Kind Deutsch spricht und die Eltern nicht. Ich brauche Auffangsschulen für die Ausländer. Dort sind sie, bis sie die Noten haben, dass die in die Schule gehen können mit allen anderen.
Thalmann: Was soll Schlimmeres passieren, als dass sie dabei ein oder zwei Jahre verlieren.
Stifter: Es gibt die Ansicht, dass Sprachen wie Englisch oder Französisch einfach toll sind und andere schlecht sind. Das finde ich ziemlich schlimm.
Arnold: Aber wenn Engländer oder Franzosen hierher kommen, müssen sie auch Deutsch lernen. Es kann ja türkische Schulen geben, wieso nicht. Aber wenn sie in eine österreichische Schule gehen, dann sollten sie auch die deutsche Sprache beherrschen.
Das Interview führten
Kathrin Gulnerits
Melanie Manner